Veggie-Pilotprojekt in Berlin trifft nicht jeden Geschmack: „Go woke, go broke“
Von Daniel Weinmann
Menschen, die gänzlich auf tierische Produkte wie Fleisch, Käse, Milch und Eier verzichten, sind derzeit noch eine kleine Minderheit in der Gesellschaft. Die Anzahl der Bundesbürger, die sich als Veganer bezeichnen, lag im vergangenen Jahr laut der Allensbacher Markt- und Werbeträger-Analyse (AWA) bei 1,52 Millionen. 2022 waren es noch 1,58 Millionen. Laut dem Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels (BVLH) ernähren sich hierzulande drei Prozent der Bevölkerung vegan.
In keinem Land der Welt kommen jährlich mehr vegane Produkte auf den Markt als in Deutschland. Gerade hierzulande genießt diese Form der Ernährung als Maßnahme gegen die Klimaerwärmung einen besonders hohen Stellenwert. Laut Umweltbundesamt produziert sie rund 40 Prozent weniger CO2-Emissionen. Konkret emittiert ein Veganer im Vergleich zu jemandem, der auch Fleisch, Milch und Käse isst, demnach 610 Kilogramm weniger Kohlendioxid pro Jahr.
Vegan zu sein, ist daher mehr als nur eine Ernährungsweise. Es ist vielmehr eine Religion und Identität – frei nach dem von Ludwig Feuerbach entlehnten Motto: “Der Mensch ist, was er isst.” Um den Öko-Esoterikern gerecht zu werden, startet Rewe in Berlin den ersten rein veganen Supermarkt.
»Voll pflanzlich, voll gut«
Wie die „Lebensmittelzeitung“ berichtet, will der Handelsriese auf die Erfahrungen seiner österreichischen Konzerntochter zurückgreifen. Billa hat im September 2022 unter dem Label „Billa Pflanzilla“ in Wien auf 200 Quadratmetern einen veganen Supermarkt mit einem Sortiment von 3000 pflanzenbasierten Produkten eingeführt. Inzwischen gibt es 21 sogenannte „Billa Pflanzilla Welten“ in der Alpenrepublik.
Rewe selbst möchte sich zu seinem neuen Projekt bisher nicht äußern. Bekannt ist bislang nur so viel: Laut der „Lebensmittelzeitung“ will sich Rewe zwar vom österreichischen Konzept inspirieren lassen. Der Markt in Berlin soll sich aber dennoch erkennbar unterscheiden. Auch ein Name scheint gefunden: Laut „Supermarktblog“ soll die neue Filiale „Rewe voll pflanzlich“ heißen. Im Eingangsbereich sei darüber hinaus der inzwischen verhüllte Slogan „Voll pflanzlich, voll gut“ zu sehen gewesen.
Vorgänger musste im Dezember schließen
Als Standort hat Rewe just diejenige Adresse gewählt, an der bis Dezember vergangenen Jahres eine Filiale der internationalen veganen Supermarktkette Veganz stand. Doch die musste dichtmachen. Das Modell des veganen Supermarkts habe sich aufgrund des steigenden Angebots veganer Produkte im Handel überholt, begründete Veganz-Boss Jan Bredack damals die Schließung. Rewe machte aus der Not kurzerhand eine Tugend und profitiert nun von der Übernahme des bereits bestehenden Kundenstamms.
Dass die Gruppe in Deutschland mehrere vegane Supermärkte eröffnet, halten die Branchenexperten des „Supermarktblogs“ für wenig wahrscheinlich. Der Berliner Concept Store reiche im Zweifel zur Image-Profilierung und für den Erkenntnisgewinn zum Einkaufsverhalten der anvisierten Zielgruppe völlig aus.
Ein Nutzer auf X sieht hingegen eine ganz andere – von wenig Erfolg gekrönte – Motivation für den jüngsten Vorstoß des Kölner Lebensmittelgiganten: „Go woke, go broke.“
Quelle: reitschuster.de
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